Waldbrunn-Lahr. Seit vielen Jahren sorgen die Tischtennisfrauen der SG Lahr auch in höheren Ligen für Furore. Was ursprünglich ein Steckenpferd des infolge eines Autounfalls viel zu früh verstorbenen Förderers Josef Kulbach war, der seine Unterstützung in Gerhard Christ fand, findet heute seine Fortführung im Engagement von Kerstin Beck, die ihre beiden Töchter kontinuierlich an die Leistungsspitze heranbrachte.
Gerhard Christs Tochter fand bereits mit 8 Jahren zum Tischtennissport, denn „die meisten Kinder aus der Grundschule sind zum Tischtennis in die Lahrer Unterkirche gegangen. Da habe ich mich angeschlossen“, sagt sie im Rückblick. Und die Erfolge stellten sich schon früh ein. Unzählig sind ihre Titel und Platzierungen, die sie zunächst in den Nachwuchsklassen auf Bezirks-, Hessen-, Südwestdeutscher und Bundesebene einfuhr. In den 80er Jahren sahnte sie reihenweise bei Meisterschaften und Ranglistenspielen ab bis hin zum 6. Rang der Bundesrangliste 1983. Medaillen bei deutschen Meisterschaften waren keine Seltenheit, sodass sie nicht nur in verschiedene Auswahlen berufen wurde, sondern auch über den Hessenkader in den Bundeskader gelangte und eine Einladung ins DTTB-Internat Heidelberg erhielt. Verschiedene Trainer nahmen sie unter ihre Fittiche, und so blieb es nicht aus, dass sie über ihren Heimatverein und den TTC Staffel im Aktivenalter in der 2. Bundesliga verschiedener Clubs landete. Ungünstige Umstände, wie Abstieg oder finanzielle Probleme, veranlassten sie zu Vereinswechseln: Der SC Klarenthal, Mainz-Finthen, Großen-Linden und Watzenborn-Steinberg waren ihre Stationen in dieser Zeit.
Das Studium zur Chemie-Ingenieurin und Heirat sowie Kinder ließen sie schließlich kürzer treten, bevor sie wieder den Weg zurück zum Heimatverein fand. Der Ehrgeiz flackerte erneut auf, als ihre Töchter Anabel und Carolin früh das Interesse am weißen, damals noch Zelluloidball fanden. Für Mutter Kerstin gab es die Vision, sie nicht nur ebenfalls zu Erfolgen zu führen, sondern sich selbst fit zu halten und mit den Beiden vielleicht mal in einer schlagkräftigen Truppe gemeinsam zu spielen.
Während Anabel (heute 16 Jahre) zunächst noch an Pferden und dem Reitsport Gefallen fand, begann sie dann doch zusammen mit Carolin (13) das Unterfangen Tischtennis. Talent und Trainingseifer führten ab dem C-Schülerinnenalter zu Belohnungen für beide, nämlich die Aufnahme in verschiedene Kader, Medaillen bei Bezirks- und Hessenmeisterschaften sowie schon beachtenswerte Erfolge im Damenbereich für die beiden Gymnasiastinnen, mit dem deutschen Meistertitel der Damen C für Anabel bereits im Alter von 13 Jahren als bisherigem Höhepunkt, während Carolin Bezirks- und Hessenmeistertitel einheimste.
Mutter und Töchter bilden den Stamm des Lahrer Hessenligateams, ohne die Leistungen von Marina Hamann, die das Trio ergänzt, schmälern zu wollen. Mann und Vater Stefan hat übrigens viel Verständnis für das Engagement seiner Familie, spielt er doch selbst für den TTC Dillhausen/Barig-Selbenhausen, doch verstärken darf er das Damenquartett nicht – das wäre nur umgekehrt möglich.
Obwohl eine noch höhere Liga durch den verletzungsbedingten Ausfall von Branka Batinic, der ehemaligen Weltklassespielerin, verhindert wurde, darf man im Westerwaldort vorsichtig optimistisch in die Zukunft blicken. Geht die Entwicklung der beiden Küken weiter so voran, dürfte ein Aufstieg in die Oberliga nur eine Frage der Zeit sein. Und dass dann dort eine Familie 75% der Mannschaft ausmachen, wird so schnell nicht noch einmal zu finden sein. Dennoch ist das Modell etwas fragil, denn einerseits fehlt bei der SG Lahr der Unterbau, andererseits werden auch andere Vereine auf die beiden Nachwuchstalente aufmerksam.
Der momentan 2. Platz würde zur Aufstiegsrelegation berechtigen. Bleibt nur abzuwarten, was das Corona-Virus dazu zu sagen hat, ob die Runde fortgesetzt wird oder wie nach Abbruch gewertet würde. uh