
Yannis Fischer möchte einfach normal behandelt werden
Runkel-Dehrn. Mit Yannis Fischer hat der Para-Weltmeister im Kugelstoßen die Von-Kunhardt-Akademie in Dehrn besucht. Dort hat der 22-Jährige aus Mühlhausen-Ehingen im Kreis Konstanz vor Mentalcoach-Studenten über sein Leben und seine sportliche Karriere gesprochen. Der Aktive des VfB Stuttgart ist durch einen Gendefekt im Gegensatz zu seinem normalgroßen Bruder kleinwüchsig und 1.27 Meter.
Der Informatik-Student hat die erhoffte Paralympics-Medaille in Paris leider aufgrund von Rückenproblemen in der Vorbereitung als Endkampf-Sechster knapp verpasst: Doch der noch junge Spitzensportler möchte sich seinen Paralympics –
Traum nun 2028 in Los Angeles verwirklichen und sucht über seinen neuen Manager Michael von Kunhardt, den Inhaber der Dehrner Akademie; nach Sponsoren. Es braucht seiner Meinung nach mehr Förderung für eine optimale Vorbereitung. Ohne eine vernünftige finanzielle Ausstattung würden viele Talente sonst ihre Sportkarrieren viel zu früh beenden. „Man muss im Leben schon privat sehr zurückstecken können, um im Sport in die Weltspitze zu kommen“, berichtet der Para-Star. So muss er die Woche fünf Mal drei bis vier Stunden trainieren, um kommendes Jahr wieder um den WM-Titel stoßen zu können. Termine beim Physiotherapeuten, Osteopathen und viele andere Termine, die seinen Sport betreffen, kämen noch dazu.
Von daher ist Yannis Fischer dankbar, vom früheren Bundesliga-Hockeystürmer von Kunhardt Unterstützung zu bekommen. Die beiden haben sich beim Club der Besten kennengelernt, wo der Diezer für die deutsche Sportelite Mentaltraining anbot. „Ich gehe offen mit meiner Behinderung um und fühle mich im Leben dadurch auch nicht eingeschränkt“ , sagt der Kugelstoßer. Natürlich gebe es Situationen im Leben, wo er nach Hilfe fragen müsse, beispielsweise wenn er im Supermarkt etwas aus dem oberen Regal brauche. In solchen Situationen erfahre er viel Hilfe von netten Mitmenschen, so Fischer. Ansonsten möchte der 22-Jährige einfach im Leben behandelt werden wie jeder andere Mensch auch, betont er: Er hat als Kind mit nichtbehinderten Freunden schon gerne Fußball gespielt „musste dabei durch meine kürzeren Beine aber das Doppelte laufen“. Doch Yannis Fischer entpuppte sich schnell als sportliches Talent und erreichte mit der deutschen Kleinwuchsmannschaft bei den World Dwarfgames 2017 in Kanada den 1. Platz. Er wurde im Rahmen einer Sportlerehrung von einem Trainer angesprochen, ob er es nicht auch mal mit Leichtathletik versuchen wolle und entpuppte sich dort direkt als Diskus-, vor allem aber als Kugelstoßtalent. Die Kleinwüchsigen stoßen mit vier Kilo schweren Kugeln, dieselben, die auch Frauen in Wettkämpfen verwenden.
Yannis Fischer kämpfte sich schnell in die Weltspitze. Er wurde 2022 Dritter der Europameisterschaften; 2023 sogar Weltmeister. Seine Bestleistung von 11,43 Meter ist Deutscher Rekord. Dieses Jahr fuhr der Wahl-Stuttgarter als Vierter der Jahresweltbestenliste zu den Paralympics. Eine Medaille war das Ziel, doch die Rückenverletzung hemmte in zu stark. „Klar hätte ich die gerne gehabt, aber im Endeffekt muss ich froh, dass ich nach meinen gesundheitlichen Problemen
überhaupt teilnehmen konnte“, sagt er. Yannis Fischer hat seine Meinung; warum bei den Paralympics Deutschland im Medaillenspiegel klar hinter den europäischen Spitzenteams im Parasport, wie Großbritannien oder Frankreich liegt.
„Viele junge Leute gehen ins Gym um gut auszusehen; doch wir haben zu wenig leistungsbereite junge Menschen“ weiß Fischer. Es müsse meh Talentsichtung stattfinden.
Michael von Kunhardt ist es wichtig, dass Talente wie Yannis Fischer künftig die bestmögliche Unterstützung bekommen, um sich auf den Leistungssport fokussieren zu können. „Vielleicht sollte man die Paralympics zusammen mit den Olympischen Spielen stattfinden lassen, damit der Para-Sport mehr internationale Aufmerksamkeit und Anerkennung bekommt“, meint der frühere Bundesliga-Stürmer des Limburger Hockey-Clubs.rk
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